Der Visitationsbesuch

 

Schon in den 1960er Jahren war es so, dass sich allerhand Gesindel herumtrieb, um die Leute an der Haustür zu zweifelhaften Geschäften zu überreden oder sie gar zu bestehlen. Pfarrer Kordick instruierte deshalb seine Haushälterin, die Fräun Marie, immer die Haustür abzusperren und niemanden unbekannten ins Haus zu lassen, wenn er unterwegs war. Er hatte an diesem Tag einen längeren Auswärztermin.

 

Der damalige Bischof Rudolf Graber war mit seinem Chauffeur auf einem Routinebesuch im Kloster Mallersdorf. Bevor er sich zurück nach Regensburg fahren ließ, kam er auf die Idee, den Mitbruder Johann in Hofkirchen zu besuchen, von dem ihm schon allerlei illustre Geschichten zugetragen wurden. Kurzentschlossen fuhren sie mit seiner Karosse ins Tal des Bayerbachs und hielten vor dem Pfarrhaus an.

Beide Männer waren mit Sacko und Hose zivil gekleidet, da so das Autofahren bequemer war als mit einer langen Soutane.

Der Bischof wies seinen Adjutanten an an der Tür zu klingeln. Da sich nichts rührte ließ er kräftig klopfen.


Schließlich hörte die Haushälterin das Pochen und ging zur Tür. Durch das Glas der Haustür sah sie zwei Männer in dunklen Anzügen stehen, die ihr nicht geheuer vorkamen. Sie fragte, wer sie seien und was ihr Begehr sei. Der Bischof antwortete, er sei der Bischof von Regensburg und möchte den Pfarrer sprechen.

 

Die Fräun Marie kannte den Bischof nur von Bildern aus dem Regensburger Bistumsblatt und von Beichtzetteln. Darauf war er immer im vollen Ornat mit Mitra abgebildet. Der Mann vor der Tür sah durch das gewellte Glas anders aus.
Sie entgegnete den Männern: "Dös kannt a jeda behaupten. Da Hochwürden ist net da und i lass niemanden herein. Schauts dass weida kemmts." Sie ließ die Männer vor der Tür stehen und ging ihrer Arbeit in der Küche nach.


Als sich der Bischof später telefonisch beim Pfarrer über diese rüde Abfuhr beschwerte, meinte dieser in seiner direkten Art: "Exzellenz, hätts di halt vorher rechtzeitig anmelden müssen, dann hätts sogar a Haferl Kaffee krieagt."

 

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