Anfang der 70er Jahre hatte sich ein örtlicher
Bauunternehmer am Waldrand in Asbach eine umfangreiche Teichanlage mit
Fischzucht angelegt. Nachdem er im Wirtshaus ausgiebig von seinen Zuchterfolgen
berichtete und die gefangenen Fische mit vorgerückter Stunde immer größer und
schwerer wurden, gab es bald ein paar Nacheiferer, die es ihm gleichtun wollten.
Auch dem W. Sepp ließ diese Fischgeschichte keine Ruhe mehr. Warum denn immer
die Fische kaufen? Am Poschenhof in der Krai war die nasse Wiese, auf der
sowieso nichts als Sauerampfer wuchs. Dort sollte seine Fischzucht entstehen. –
Gesagt, getan. Schon bald wurden mit dem Bagger zwei Weiher ausgehoben. Der
kleine Ellenbach, der am Waldrand entlang fließt, hatte die Mulden schnell mit
Wasser gefüllt. Nach kurzer Zeit war der Sepp stolzer Besitzer einer eigenen
Fischzuchtanlage. Täglich fuhr er mit seinem NSU-Quickly um zu kontrollieren,
wie die Fische wachsen. Auch sein Schwiegervater, der alte Schmiedwirt, wurde
beauftragt, mit dem Radl zu den Weihern zu fahren und nach dem Rechten zu sehen.
Die anderen Fischzüchter berichteten im Wirtshaus schon von
beträchtlichen Erfolgen mit schweren Karpfen und Forellen. Sie holten Fische aus
ihren Weihern, die für ein ganzes Mittagessen reichten. Dagegen waren die
Erfolge von Sepp eher bescheiden. Während man anfangs glaubte, noch ein paar
heringsgroße Forellen zu sehen, rührte sich bald gar nichts mehr in der dunklen
Brühe.
Bevor ich jetzt weiter über die Fische erzähle, muss ich kurz
noch etwas zur Person unseres Fischzüchters berichten. Er war als Schlitzohr
bekannt, der schon eine Reihe seiner Spezln und Arbeitskollegen hinters Licht
geführt hatte. Für seine tückischen Streiche und Spassettln war er berüchtigt.
Schon mehrfach hatten seine Stammtischfreunde versucht auch ihn einmal
dranzukriegen. Doch jedesmal hatte er die eingefädelten Intrigen durchschaut und
war ihnen nicht auf den Leim gegangen. Hier waren noch viele Rechnungen offen.
Vielleicht bot sich jetzt eine Gelegenheit.
Im Wirtshaus wurde der Sepp natürlich immer wieder nach seinen
Fischen gefragt. Schließlich mußte er zugeben, dass es nicht ganz so erfolgreich
lief, wie er es erwartet hatte. Für diesen züchterischen Mißerfolg waren seine
Freunde auch sofort mit einer Erklärung zur Stelle. Schuld war der Fischreiher,
der in den Laberauen hauste. Früher hatte er auf seinen Beuteflügen immer die
Weiher in Asbach aufgesucht. Jetzt war es zu den neuen Weihern am Poschenhof
viel näher und einfacher, um an eine ausgiebige Brotzeit zu kommen. Das
leuchtete ein. Der Reiher gehört erschossen. Naturschutz hin oder her, die
Forellen sind schließlich auch Natur, meinte der Sepp.
Die Kontrollfahrten zum Weiher wurden verdoppelt. Doch so oft
der Sepp auch zum Weiher fuhr, einen Fischreiher sah er nie. Seine
Stammtischbrüder waren im Hintergrund aber schon aktiv. Aus einer uralten
präparierten Eule, ein paar Bohnenstangen und etwas Draht wurde ein
„Fischreiher“ gebastelt und unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen im
Weiher aufgestellt.
Jetzt war der Tag gekommen. Wieder fuhr der Sepp mit seinem
Moped zum Weiher.
Halt! – Heute ist das Mistvieh da und ich erwische es auf
frischer Tat, so dachte er. Um den Vogel nicht zu verscheuchen, stellte er den
Motor seines Quickly ab und trat einige hundert Meter kräftig in die Pedale und
radelte in Richtung Dorf. Völlig aufgeregt fuhr er schnurstracks zum „Barry“,
einem passionierten Jäger, von dem übrigens die verstaubte Eule stammte. Er
hatte schon mit seinem Kommen gerechnet. Beide fuhren nun zum Weiher. Unter
einem Vorwand konnte der Jäger aber vorher noch telefonieren und die „Aktion
Fischreiher“ bei den Freunden ankündigen.
Vorsichtig pirschte man sich an den Weiher und zu dem vermeintlichen
Fischräuber. Der stand seelenruhig auf seinen langen Stelzen im Wasser und
schien es sich gut gehen zu lassen. In Schussweite angelangt, verlangte der Sepp
den Fangschuss. Alle Versuche des „Pari“ ihm das auszureden halfen nichts.
Schließlich legte er an und es krachte. Der Blick durchs Fernglas ließ den Sepp
erschaudern. Der Reiher stand immer noch mitten im Weiher. Nur eine Staubwolke
ist von ihm aufgestiegen. Jetzt war es ihm klar, dass er von seinen Freunden
hereingelegt worden war.
In der nächsten Zeit musste er sich im Wirtshaus einige Hänseleien gefallen lassen. Auch der Laberfrosch, ein entfernter Verwandter unseres Bachler-Schpoz, hatte damals von der Geschichte in der Laberzeitung berichtet. Es dauerte aber nicht lange, bis dem Sepp neue Streiche eingefallen sind, mit denen er sich für die Fischreihergeschichte revanchiert hat.