Allgemeine Laberzeitung 11. Januar 1973

 

Der letzte Gottesdienst mit Pfarrer Nesner 1973

 

Hofkirchen darf nicht zu einer „sterbenden Pfarrei“ werden

 

Hofkirchen. Am Sonntag, 07. Januar, hielt Pfarrer Nesner seine letzten Gottesdienste in Hofkirchen, zu denen sich viele Gläubige eingefunden hatten. Schon seit Montag versieht der Priester nun seinen Seelsorgedienst in Waidhaus/Opf.

 

Pfarrer Nesner ging nicht, ohne mahnende Worte an seine bisherigen Pfarrkinder zu richten. In seinem Abschied dankte er allen, die ihn während der zwei Jahre in Hofkirchen in Wort und Tat unterstützt hatten, gab aber auch ehrlich zu verstehen, dass dies nicht sehr viele waren. Bedauerlich sei, so Pfarrer Nesner, dass in Hofkirchen so wenig Zusammenhalt bestehe. Sein Appell und seine Bitte waren, die guten Kräfte der Pfarrei mögen sich mehr zusammenschließen, damit nicht immer die Worte der Querulanten in den Vordergrund treten könnten. Es wäre für ihn nicht schön, wenn er erfahren müsste, dass seine zwei Jahre in Hofkirchen umsonst waren. Pfarrer Nesner bat auch um gute Zusammenarbeit mit den Priestern, die in Zukunft die Pfarrei betreuen werden. Ein letztes Mal spendete er dann den Gläubigen den Segen.

 

Leserbrief zu diesem Thema

 

Die Worte des Priesters machten Eindruck, es gab nasse Augen. Man hätte gar nicht erwartet, dass der Abgang eines Priesters so viele innerlich bewegen würde. Wie lange aber wird dieser Eindruck anhalten, wann bereits werden wir wieder in den alten Trott zurückfallen und uns um Kirche und Pfarrer wenig kümmern? Wird der Ruf nach einem neuen Pfarrhof jetzt in die Tat umgesetzt werden oder wieder ungehört verhallen?

Werden wir uns wieder von Leuten, sogar von solchen außerhalb der Pfarrei, die der Meinung sind, wir bräuchten nichts zu tun um wieder einen Priester zu bekommen, beeinflussen lassen?

 

Wie geht es mit Hofkirchen weiter? Das ist die große Frage. Kapitulieren wäre wohl das Verkehrteste, das wir machen könnten. Leider gibt es immer wieder Stimmen, die sagen auch bei einem neuen Pfarrhof bekommen wir keinen Priester mehr; oder die zweite banale Redensart: „Mir wäre der jetzige Pfarrhof als Wohnung gut genug“. Solche Reden nützen nichts und werden außerdem den Vorwurf, den die Verantwortlichen sicher einmal zu hören bekommen, wenn nicht alles zur Wiederbesetzung unternommen wird, nicht mehr abschwächen können.

 

Es gibt sicher immer wieder Priester, die in älteren Jahren eine kleine Seelsorgestelle ohne Schule suchen, oder Priester, die in Pension noch eine kleine Pfarrei betreuen wollen. Warum sollte hier nicht gerade Hofkirchen ein geeigneter Platz sein? Natürlich nicht mit diesen Wohnverhältnissen, denn in diesem nassen, zugigen Kasten, der unser Pfarrhof ist, wird sich ein Priester nicht mehr niederlassen. Der Pfarrhof ist die Visitenkarte der Pfarrei, und diese verkommene Visitenkarte wird uns niemand annehmen. Ein Pfarrhofbau müsste zu schaffen sein, wenn man bedenkt, dass Hofkirchen und Weichs etwa an die 200 Haushalte aufweisen, von denen sicher 90 Prozent fähig wären, ihren Beitrag zu leisten.

Nimmt man dann noch die Spende der politischen Gemeinde Hofkirchen dazu, dürfte es doch keine Bedenken mehr geben. Natürlich müsste in Regensburg um Zuschuss angeklopft werden. Es besteht aber die berechtigte Hoffnung, dass dieser gewährt wird, wenn sich die Pfarrei geneigt zeigt, ihren Anteil zu leisten.

 

Wer Hofkirchen kennt weiß, dass fast alle Einwohner einen guten Kern haben und zusammenhalten können, wenn es sein muss. Bestimmt gibt es Härtefälle, in denen nicht verlangt werden kann und soll, dass einige Hunderter zum Pfarrhofbau gegeben werden. Es gibt auch sicher Familien, die aus unwandelbarer Überzeugung eine Spende für den Pfarrhofbau ablehnen. Solange hier nicht andere beeinflusst werden, ist dies zu verstehen und hinzunehmen.

Nicht zu verstehen aber ist das Quäntchen Querulanten, das auf Gott und die Welt schimpft und sich dann jedes Mal ins Fäustchen lacht, wenn andere ihrem Beispiel folgen.

Wir alle sind doch selbst mündige Gemeindebürger und Christen, die sich ihre eigene Meinung bilden können und sich nicht beeinflussen zu lassen brauchen.

Für Leute, die sich in ihrer Meinung noch nicht schlüssig sind, könnten die älteren Leute in unserer Pfarrei, die wegen des Priesterweggangs Tränen vergossen und schlaflose Nächte verbracht haben, den Ausschlag geben, ja zu sagen oder zumindest nicht mehr gegen den Pfarrhofbau zu arbeiten.

 

Maria Winderl

 

Wir möchten uns diesem vorstehenden Leserbrief anschließen und alle Bürger der Pfarrei Hofkirchen und Filiale Weichs bitten: Helft mit und haltet zu uns, damit wir Hofkirchen nicht zu einer „sterbenden Pfarrei“ werden lassen.

 

Johann Schedl, 1. Bürgermeister

Johann Bergmaier, 2. Bürgermeister

Konrad Stadler, Kirchenpfleger und Mesner

 

Nachbetrachtung im Januar 2021 – Wie ging es weiter?

 

Pfarrer Nesner war ein junger Pfarrer mit modernen Ideen. Er hat als erster im Dekanat einen wöchentlichen Pfarrbrief mit Gottesdienstordnung für 10 Pfennig gedruckt. Sein Studienkollege und Freund Konrad Dietl, der damals Pfarrer in Bayerbach war, hat sich mit seinem Pfarrbrief angeschlossen, wodurch die Herstellungskosten gesenkt werden konnten.

Es entstand eine rege Jugendarbeit mit der katholischen Landjugend. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger konnte man ihn bei der Predigt akustisch verstehen. Es wurden rhythmische Messen geprobt und abgehalten. Es war keine Seltenheit, dass 30 Jugendliche im Altarraum standen und mit Freude und Begeisterung sangen. Zahlreiche Gruppenstunden, Dia- und Quizz Abende, Fahrradwettbewerbe, Theater- und Tanzveranstaltungen und Gartenfeste brachten die Jugend zusammen.

Nachdem es beim vorherigen Pfarrer keine Kirchenrechnung gab und die Kirchenkasse aus einer leeren Zigarrenschachtel bestand, führte Nesner eine ordentliche Buchhaltung ein. Einnahmen und Ausgaben wurden mit Titeln fein säuberlich in Journalen dokumentiert und in Regensburg vorgelegt. Dadurch konnten Zuschüsse beantragt und ein Grundstockvermögen aufgebaut werden. Das alles haben die meisten der Dorfbevölkerung aber ignoriert. Nesner hat die Weichen für die Zukunft der Pfarrei gestellt. Nachdem er aber keine Aussicht auf Veränderung sah, bewarb er sich für eine andere Pfarrei, weit weg in der Oberpfalz.

 

Nach seinem Weggang kam die Ernüchterung. Die Situation in Hofkirchen war desaströs. Das Pfarrhaus war unbewohnbar. 1969 wurde die Dorfschule aufgelöst. Die Schüler mussten nach Grafentraubach und Laberweinting zur Schule. Durch die bevorstehende Gebietsreform stand die Auflösung der politischen Gemeinde vor der Tür. Es war nicht klar, ob Hofkirchen zu Mallersdorf oder Laberweinting eingemeindet würde. Vom Kirchturm, dem Wahrzeichen des Ortes zeigte sich der Außenputz dunkelgrau bis schwarz. Die Zifferblätter der Kirchturmuhr waren verrostet. Das Schieferdach der Turmspitze löchrig. Durch die graue, einst vergoldete Kugel an der Turmspitze konnte man mit dem Fernglas Einschusslöcher erkennen. Die Mauer des viel zu klein gewordenen Friedhofs war an manchen Stellen eingestürzt. Die Kirchenbänke waren wurmstichig und morsch. Die Kirchenkasse war leer. Für die Anschaffung einer neuen Sakristei Einrichtung musste bei der Raiffeisenkasse ein Kredit aufgenommen werden. Jetzt war auch noch der wahrscheinlich letzte Pfarrer gegangen. Hofkirchen schien das Schicksal eines unbedeutenden Ortes an einem Seitental der Laber beschieden zu sein.

 

Der obige Zeitungsartikel und der Leserbrief rüttelten den Großteil der Bevölkerung wach. Das kann es doch nicht gewesen sein. Besonnene Männer und Frauen, voran der Bürgermeister Johann Schedl, der zweite Bürgermeister Johann Bergmaier, der Gemeinderat, der Kirchenpfleger und der eingesetzte Pfarrprovisor Josef Schmaißer, Pfarrer von Grafentraubach, wollten nicht so schnell aufgeben. In zahlreichen Sitzungen mit zum Teil auch hitzigen Diskussionen suchte man nach Lösungen. Auch in Regensburg gab es mit Vinzenz Guggenberger, der Aussicht hatte Weihbischof zu werden, einen Fürsprecher. Nach mehreren Besuchen mit harten Verhandlungen des Gremiums in Regensburg und Betteltouren von Haus zu Haus in der Pfarrei zeichnete sich langsam eine Lösung ab.

 

Was man heute im Ortskern und im Umfeld der Kirche sieht, wurde damals in die Wege geleitet. Die Kirche verkaufte das an den Friedhof angrenzende Gelände mit den ungenutzten landwirtschaftlichen Gebäuden der politischen Gemeinde um dort einen neuen Friedhof zu errichten. Mit dem Erlös war das Startkapital für den Pfarrhausneubau nahezu vorhanden, mit dem 1974 begonnen wurde. Fast gleichzeitig wurde der Kirchturm bis zur Spitze eingerüstet, neu verputzt, das Spitzdach erneuert und das restaurierte, neu vergoldete Kreuz aufgesetzt.

Die alten Stallungen und der Stadel wurden abgerissen und ein neuer Friedhof mit befestigten Wegen angelegt, der auch eine maschinelle Grabung ermöglichte. Die baufällige Mauer um den bestehenden Friedhof bei der Kirche wurde erneuert. Auch die maroden Kirchenbänke wurden unter Beibehaltung der historischen Stuhlwangen neu angefertigt und mit Knie- und Sitzpolstern versehen.

Das alles war mit großzügigen Spenden der Dorfbevölkerung und freiwilligen Arbeitseinsätzen möglich geworden.

Bereits am 1. Oktober 1975 konnte das Pfarrhaus von Bischöflich Geistlichem Rat Ludwig Maier, als Ruhestandspfarrer bezogen werden.

 

  

Zustand und Ausblick Anfang Januar 2023

 

Die Pfarrei hat seit September 2008 mit Pfarrer Josef Rohrmeier einen guten Ruhestandsgeistlichen. Leider ist sein Gesundheitszustand mit fast 85 Jahren schon angeschlagen. Der zuständige Pfarrer Johannes Bäuml ist seit September 1997 Pfarrer von Grafentraubach und betreut Hofkirchen mit. Er wird demnächst 69 Jahre alt und wird in absehbarer Zeit in den Ruhestand wechseln.

Das Pfarrhaus in Hofkirchen ist fast 50 Jahre alt. Es ist gepflegt und schaut noch gut aus. Dennoch stehen wichtige, energetische Renovierungsarbeiten mit hohen Kosten an.

Trotz Zuzügen in den Neubaugebieten hat die Zahl der Kirchenbesucher, auch durch Corona und Überalterung, deutlich nachgelassen. Die Feier der Erstkommunion ist meist einer der letzten Kirchenbesuche der Kinder bis zur Firmung oder Hochzeit.

Die Pfarrei verzeichnet die letzten 10 Jahre jährlich etwa 9 Sterbefälle, 10 Kirchenaustritte und 8 Kindstaufen.

Wie vor 50 Jahren, stellt sich die Frage: "Was wird die Zukunft bringen?"

 

  

Anekdote:

Damals, auch nach dem Weggang von Pfarrer Nesner wurde noch jeden Sonntag um 13 Uhr eine Andacht mit Litanei gebetet. Wegen des Priestermangels wurden die von Laien, vor allem durch die unvergessene Luise Pöschl und den Mesner Konrad Stadler vorgebetet. Gewitzt wie er war, fügte er bei den Fürbitten in die vorgedruckten Verse folgenden Satz ein: „Dass Du die Widersacher unserer Pfarrei und Gemeinde demütigen wollest!“ Die Kirchenbesucher antworteten ohne hinzuhören gewohnheitsgemäß: „Wir bitten Dich erhöre uns!“ Einige Zeilen später wiederholte er den Satz und wieder antwortete das Volk einstimmig. Erst bei der dritten Wiederholung ist es einigen aufgefallen und es haben nicht mehr alle seiner Bitte entsprochen.

 

im Januar 2023, Richard Stadler

 

 

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