Lob Gottes Nummer 101

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Es war um die Mitte der 1960er Jahre, etwa die Zeit um Pfingsten. Damals war es üblich, dass in der Pfarrkirche um 13 Uhr noch eine Andacht gebetet wurde. Für die Kinder war es eine Pflichtveranstaltung. Wehe wer fehlte, dem wurden beim Religionsunterricht die Ohren lang gezogen. Aber auch viele Erwachsene kamen zu dieser nachmittäglichen Feier vor ausgesetztem Allerheiligsten und dem sakramentalen Segen. Ich war damals Ministrant und erinnere mich noch gut an die Geschichte.

Unser damaliger Pfarrer Johann Kordick hatte einen Sprachfehler. Man verstand eigentlich nie, was er sagte. Er hätte genausogut in einer fremden Sprache reden können. Nur aufgrund der Handbewegungen bei den Akklamationen und den Klingelzeichen der Ministranten konnte man dem Gottesdienst einigermaßen folgen. Die Meßfeiern wurden noch in lateinischer Sprache und am Hochaltar vom Volk abgewandt zelibriert.

Bei den Nachmittagsandachten wurden zwischen den einzelnen Gebetsblöcken Lieder aus dem alten Gebetbuch "Lob Gottes" gesungen.
Damit der Organist und die Kirchenbesucher wussten, was zu singen war, wurden die Liednummern auf einer schwarzen Holztafel mit Führungsschienen in Form von kleinen, weißen Brettchen mit schwarzen Ziffern aufgesteckt. Die Tafel lehnte dann am rechten Seitenaltar an einem Kerzenleuchter.

Der Ministrant Robert war für die Nummern zuständig, die der Pfarrer ohne hinzuschauen diktierte, während ihm der Mesner den Chorrock anziehen half. Wie bereits erwähnt verstand man ihn nur sehr schlecht bis überhaupt nicht. Der Pfarrer nuschelte 101. Der Robert verstand aber Nummer 1 und steckte das Schild in die oberste Reihe. Ich weiß nicht mehr genau wie das Lied mit der Nummer 101 hieß. Ich glaube "Komm Schöpfer Geist, kehr bei uns ein".
Die Nummer 1, das weiß ich noch gewiss war das Lied "Das alte Jahr verflossen ist", ein Lied für den Jahresschluss an Silvester.

Der Organist, unser beliebter Hauptlehrer Ebner, mag sich vielleicht etwas gewundert haben aber nach dem Pilatuswort: "quod scripsi scripsi", "was geschrieben steht, steht geschrieben", intonierte er das Lied auf der Orgel und das Volk sang kräftig mit.

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